Hartmann Neuron
Der Neuron war meine ganz persönliche Reise in das abenteuerliche Reich der Synthesizer-Hersteller. Dazu ein gewagtes, wenn nicht naives Unterfangen. Die Idee, einen eigenen neuartigen Synthesizer herzustellen, kam mir während eines Besuches auf der Technikmesse Electronica/München 1999. Aus meinen Erfahrungen als Entwicklungspartner und Designer für viele Synthesizer unterschiedlicher Hersteller konnte ich mir vorstellen, bei entsprechend guter Planung, auch ein eigenes Projekt dieser Größenordnung zu stemmen. Ich sammelte und skizzierte in den darauffolgenden Monaten Ideen und fragte parallel dazu Freunde aus meinem Netzwerk, ob sie interessiert wären, als Partner in die neue Synthesizer-Firma einzusteigen.
Meine Begeisterung wuchs, als ich auf der Musikmesse 2000 Stephan Sprenger - Spezialist für die Anwendung neuronaler Netzwerke in Musikapplikationen - kennenlernte. Ich erklärte Stephan meine Idee, bekannte Klänge mithilfe lernfähiger Algorithmen zu analysieren und dabei mit Parametern zu versehen, die eine Klangmanipulation auf der menschlichen Wahrnehmungsebene zulassen. Mir schwebten Attribute vor wie Hart/Weich - Hölzern/Metallisch - Grell/Dumpf etc. Diese gegensätzlichen Klang-Attribute sollten per Stickcontroller überblendbar sein.
Stefans Technologie kann exakt dies leisten - und so begann die gemeinsame Reise. Parallel zur ästhetischen und technischen Ausgestaltung des Synthesizers wurde in einem kleinen Team in Karlsruhe die Neuron-Software, das Herz der Synthese, entwickelt. Ursprünglich als kompaktes Desktop-Gerät gedacht, wurde daraus schnell ein voll umfänglicher Synthesizer mit aufwendigen, speziell für diesen Zweck entwickelten Komponenten. Alles Anfassbare wurde zunächst in typischer Industrie-Design-Methodik gestaltet, ergonomisch hinterfragt und in allen Belangen optimiert. Mit im Team war der Kunststoff-Hersteller WEFO. Er machte es möglich, mit hohem Aufwand allen Bedienelementen eine eigene Gestalt zu verleihen.
Ich wollte eine insgesamt technisch kühle Anmutung für das Gerät. Materialauswahl, Oberflächen und Farbigkeit strahlen kühle Technokratie aus. Diese wird durch nahezu Comic-haft überzeichnete Bedienelemente, pilzartige Stickcontroller und Drehwalzen-Cluster unterbrochen. So könnten die orangefarbenen Stick-Controller einer Science-Fiction-Darstellung entstammen. Mit biotechnischer Formgebung, gefertigt aus transluzentem Makrolon, animieren sie dazu, bewegt zu werden. Die speziell für Neuron angefertigten alphanumerischen Displays zu den vier Ecken der Stickcontroller zeigen gegensätzliche Parameter an, deren Einstellwerte durch Bewegen des Controllers über zwei Ebenen dynamisch gemorpht werden: beispielsweise von „Hart“ zu „Weich“ und gleichzeitig von „Holz“ zu „Metall“.
Um eine absolut cleane Rückansicht des Neuron zu erhalten, werden alle Geräteanschlüsse auf die linke Seite des Instrumentes verlegt. Die Rückseite besteht aus einem wellenartig geformten Aluminium-Stangpress-Element, in dessen Zentrum das zweifarbige, aus transluzentem Kunststoff hergestellte, Hartmann-Logo platziert ist. Dieses ist hinterleuchtet und speziell im Bühnen-Einsatz deutlich erkennbar. Durch Druck des mittigen Rechtecks wird das Gerät an- bzw. ausgeschaltet. Das Logo selbst - ein liegendes Rechteck mit sanft gerundeten Ecken - symbolisiert im Zentrum Stabilität. Von einem dynamisch geneigten Rechteck umgeben, entsteht in der Wahrnehmung eine Vorwärtsbewegung, die der Neigungsrichtung unserer Leserichtung entspricht.
Alle Leuchtelemente des Neuron spielen in warmen gelb-orange Tönen. Das Instrument mit seiner eigentlich kühlen Anmutung strahlt mit Wärme aus seinem Inneren.